Feuerwehr Adorf blickt zurück
Seit 145 Jahren "Helfen in Not" 

„… Baut eure Häuser wieder auf
Und trocknet eure Pfützen,
Und schafft euch beßre Gesetze an
Und beßre Feuerspritzen …“

aus Heinrich Heine „Deutschland, ein Wintermärchen“,
niedergeschrieben nach dem großen Stadtbrand von Hamburg (1842)


145 Jahre Feuerwehr Adorf - ein kleiner Rückblick auf eine spannende Gründungszeit

Im Juni 2021 jährt sich die Gründung einer ersten Freiwilligen Feuerwehr in Adorf zum 145. Mal. In den Aufzeichnungen unseres Ortes wird eine Löschmannschaft bereits im Jahr 1840  erwähnt, aber eine Feuerwehr wie wir sie heute kennen war das nicht. Zumeist waren es Bauern, die ausgestattet mit Ledereimern im Brandfall versucht haben mit diesen geringen Mitteln zumindest eine Ausbreitung des Feuers zu verhindern. So schnell die Eimerkette auch lief und die Brunnenpumpen die Männer ins Schwitzen brachten, zu retten war meistens nicht mehr viel.  Eine von Hand gezogene Spritze wurde  1846 vom Gemeindevorstand angeschafft -  damals für eine Gemeinde ein absolutes Luxusgut. Es fanden sich zunächst Männer der Adorfer Turnvereinigung zu einer kleinen und in den Folgejahren recht großen Löschmannschaft zusammen. In ganz Deutschland legte zu dieser Zeit die Turnbewegung die Basis für die Feuerwehrbewegung, in dem sie es sich zur Aufgabe machte, freiwillig kommunale Feuerlöschpflichten zu übernehmen.Trotz eines Erlasses der sächsischen Landesregierung aus dem Jahr 1855, dass in jedem Ort ein freiwilliger Lösch- und Rettungscorps gegründet werden soll, verlässt man sich in Adorf weiter auf die kleinen losen Gruppen und die Gründung einer „regelgerechten“ und regulären Freiwilligen Feuerwehr wird lange Zeit nur erwogen.

FF Adorf 1896

Freiwillige Feuerwehr Adorf 1896


Doch es wird trotzdem in den Brandschutz investiert. Die Existenz einer „Feuergeräthekasse“ ist belegt und diese weist im Jahr 1874 immerhin einen Bestand von 371 Mark und 21 Pfennig auf. Das entspricht einem heutigen Wert von zirka 2400 Euro.Ende 1875 geht man aber dann endlich den Schritt und die Gründung einer nach den Regularien der Sächsischen Landesregierung folgenden Feuerwehr wird für den Jahresbeginn 1876 beschlossen. Aber es zieht sich noch bis in den Mai 1876, als sich um den Brunnenbauer August Müller eine tatkräftige Mannschaft formierte. Am 12. Juni 1876 tritt der erste Spritzenmeister seinen Dienst an und so ist die Feuerwehr handlungsfähig. Dieses Datum markiert also den Beginn einer gesetzeskonformen Freiwilligen Feuerwehr in Adorf. Im Juli des Jahres wurden durch den Gemeindevorstand die Statuten und Regularien bestätigt und Müller auch ganz offiziell zum ersten Hauptmann der Adorfer Wehr ernannt. Doch der Anfang war wohl aus heutiger Sicht recht chaotisch. In den Protokoll-büchern des Gemeindevorstandes ist zwischen den Jahren 1876 und 1878 immer wieder von Auflösungserscheinungen und Unruhen zwischen der vor-maligen Turnerfeuerwehr und der „neuen“ Freiwilligen Feuerwehr zu lesen. Der Gemeindevorstand agierte dabei  auch sehr unausgewogen und heizte  die Gemüter wohl eher weiter an als sie zu beruhigen.So beschweren sich die Wehrmänner, dass mit der Handdruckspritze von 1846 wegen größerer Defekte kaum noch zu arbeiten ist. Darauf wird in der Gemeinderatssitzung im Oktober 1877 wörtlich dieser Beschluss gefasst: „Eine Beschwerde der hiesigen Feuerwehr an die Königliche Amtshauptmannschaft, wegen Mangel an Fahrern der Spritze und Defect am Saugrohr, soll so beantwortet werden, dass die darin befindlichen Uebertreibungen auf ihren thatsächlichen Bestand zurück geführt werden. Der Defect am Saugrohr soll durch ein neues Stück entfernt werden.“ Mit der dreißig Jahre alten Spritze muss also weiter gearbeitet werden.
Verbrieft ist außerdem, dass das Eintrittsalter von aktiven Mitgliedern auf das 18. Lebensjahr angestrebt, aber von der Amtshauptmannschaft Chemnitz abgelehnt wurde. Für eine ehrenamtliche Tätigkeit, wo Leib und Leben riskiert werden sollte, war man mit 18 damals zu jung. So wurde das Einrittsalter auf das 20. Lebensjahr heraufgesetzt.

FF Adorf 1903

Freiwillige Feuerwehr Adorf (Mitte mit dunklen Tuchjacken) zu einer gemeinsamen Übung mit den Wehren Jahnsdorf und Neukirchen in Jahnsdorf 1903

Aus dieser sicher spannenden Anfangszeit liegen uns bis auf die Auszüge der Gemeindevorstandssitzungen leider kaum schriftliche Dokumente vor. Neben wenigen Überlieferungen lassen die Nachrichten des Chemnitzer Feuerwehr-verbandes einige Rückschlüsse zu. Diese Nachrichten wurden in Buchform gedruckt und halbjährlich herausgegeben. In diesen Publikationen wurden die Wehren in loser Abfolge vorgestellt und Daten der jährlich stattgefunden praktischen Prüfungen der Löschcorps, die von höchstdekorierten Chemnitzer Feuerlöschdirektoren abgenommen wurden, erfasst. Dank dieser Schriften  kennen wir den Mannschaftsbestand und die technische Ausrüstung sowie die unter-schiedlichen Funktionen: Spritzen- und Löschmeister, Schlauchleger, Rohrführer,  Sanitäter, Drucker und Signalisten. Die Drucker standen an der Handdruckspritze und bewegten mit Muskelkraft den Mechanismus. Die Signalisten gaben mit ihren Pfeifen die Befehle in Form von Signalen an die Mannschaft weiter. Aus den Signalistenzügen gingen später die Feuerwehrkapellen hervor - auch in Adorf.

Die unruhige Gründungsphase wurde überstanden. Die uns älteste vorliegende Fotografie zeigt das „Comitee“, also den Vorstand der Wehr, aus dem Jahr 1890. Das älteste Bild der kompletten Mannschaft ist datiert auf das Jahr 1896. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist dieses zu den Feierlichkeiten rund um das 20-jährige Bestehen entstanden. Es zeigt August Müller in Mitten seiner aktiven und passiven Wehrmannschaft. Wann das Jubiläum begangen wurde wissen wir sicher: es war am 14. Juni 1896, ein Sonntag. Unsere historische Standarte wurde der Wehr zu diesem Jubiläum gestiftet. Alle Zierplaketten (sogen. Fahnennägel) am Holm tragen das erwähnte Datum. Ob die Vereine, Feuerwehren und Privatpersonen welche auf den Plaketten verzeichnet sind auch zur Finanzierung der Standarte beigetragen haben, ist uns leider nicht bekannt. Die Inschrift auf dem Stoff selbst „Gewidmet von Frauen und Jungfrauen der Freiw. Feuerwehr“ gibt allerdings Auskunft über die eigentlichen Spender. Es wird sich dabei um die Ehefrauen und Verlobten der Feuerwehrmänner gehandelt haben.Diese Standarte ist ein Zeuge der Anfangsjahre und fester Bestandteil der Identität der Adorfer Wehr.Sie wurde über die Zeit des zweiten Weltkrieges vor Zugriffen der Regierungsorganisationen durch Hauptmann Walther Pfüller versteckt, überstand auch „vor Blicken geschützt“ die DDR-Zeit nahezu unbeschadet und konnte im Jahr 1990 erstmalig wieder der Öffentlichkeit gezeigt werden. Aber nach 125 Jahren nagt auch an diesem historischem Stück der Zahn der Zeit. Aus Mitteln des Feuerwehrfördervereins Adorf konnte im Frühjahr 2021 eine Restaurierung der Standarte durch die Fahnenmanufaktur Kössinger in Bayern erfolgen - keine komplette Erneuerung sondern eine Sicherung des Ist-Zusandes für zukünftige Generationen.

Standarte 2021

Gerätewart Tino Hofmann und Erster Vereinsvorstand Marco Käbe mit der restaurierten Standarte von 1896

Die Feuerwehr Adorf hat wie viele Wehren unserer Region die Wirren der Zeit überstanden. Das ist keine Selbstverständlichkeit. In den letzten Monaten hört man auch im Erzgebirge von Feuerwehren, die aufgrund von Personalmangel ihre Türen schließen müssen.   

Die Aufrechterhaltung einer Freiwilligen Feuerwehr, über Zeitenwenden hinweg, gelingt nur, durch den stetigen Willen aus der Bürgerschaft, den Mitmenschen in Not uneigennützig zu helfen sowie durch eine feste Gemeinschaft zwischen den Wehrleuten und deren Familien.

Wünschen und hoffen wir, dass sich in unseren Orten immer genügend Einwohner finden und die Freiwilligen Feuerwehren aufrechterhalten. 
Das sie Tradition bewahren aber stets moderne Wege gehen.

 

 

 

 

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